Der Schlaf und seine Phasen
Keiner anderen Tätigkeit widmen wir im Lauf unseres Lebens so viel Zeit wie dem Schlafen. Warum wir das machen und wie Schlaf funktioniert, war lange ein Mysterium – und längst sind nicht alle Fragen geklärt. Anfangs herrschte der Glaube, unser Gehirn wäre nachts einfach abgeschaltet. Erst in den 1950er Jahren begann die wissenschaftliche Erforschung des Schlafes. Messungen der Hirnströme, der Augenbewegungen und anderer Körperfunktionen zeigen, dass Schlafen ein komplexer Prozess ist. Er verläuft nicht gleichmäßig, sondern in mehreren Phasen und unser Gehirn ist dabei keineswegs untätig.
Wie lässt sich Schlaf unterscheiden?
Ein Unterscheidungsmerkmal des Schlafes sind schnelle Augenbewegungen (englisch: Rapid Eye Movement – kurz REM). Sie treten trotz geschlossener Augenlider auf, jedoch nur während eines bestimmten Phase: dem REM-Schlaf. In der übrigen Schlafzeit bewegen sich die Augen wenig bis gar nicht, sie wird als Non-REM-Schlaf bezeichnet.
Ein weiterer Unterschied ist die Aktivität des Gehirns. Um diese festzustellen, werden die Hirnströme von Schlafenden mit einem Elektroenzephalogramm (EEG) gemessen. Im Verlauf des Schlafes zeigen sich deutliche Veränderungen im EEG. Daher wird der Non-REM-Schlaf in drei weitere Phasen unterteilt: die Einschlaf-, Leichtschlaf- und Tiefschlafphase.
Die Schlafphasen – Taktgeber der Nacht
Non-REM-Schlaf
Phase 1: Einschlafen
In dieser Phase gleiten wir allmählich vom wachen Zustand in den Schlaf. Eine Region im Hirnstamm sendet hemmende Signale aus. Wir kommen zur Ruhe und beginnen uns zu entspannen. Das Einschlafen selbst geschieht in Etappen: Während einige Bereiche in unserem Gehirn noch wach sind, haben andere ihre Aktivität bereits heruntergefahren. In diesem Stadium zwischen Wachsein und Schlafen haben manche Menschen das Gefühl zu fallen und es können unwillkürliche Muskelzuckungen auftreten. Unsere bewusste Wahrnehmung schwindet und wir bemerken unsere Umgebung immer weniger. Auf ungewohnte Sinnesreize reagieren wir allerdings sensibel: Schnell schrecken wir hoch und sind wieder hellwach. Im Durchschnitt dauert es wenige Minuten bis wir einschlafen. Sind wir nicht müde, haben Sorgen oder Störungen treten auf, benötigen wir deutlich länger.
Phase 2: Leichter Schlaf
Nach dem Einschlafen wird die Atmung tiefer und gleichmäßiger. Herzfrequenz und Blutdruck sinken und unsere Muskeln entspannen sich zunehmend. In den Hirnströmen zeigt sich jetzt vermehrt ein schnelles, spindelförmiges Wellenmuster – die sogenannte Schlafspindel. Sobald diese Gehirnaktivität auftritt, sind wir für Außenreize kaum empfänglich. Wir wachen seltener auf und unser Schlaf bleibt stabil. Noch ist nicht genau geklärt, was das Gehirn während dieser Schlafspindeln macht. Einige Studien vermuten, dass in diesen Momenten neue Informationen im Gedächtnis abgespeichert werden. Die Leichtschlafphase macht etwa 50 Prozent der gesamten Schlafdauer aus.
Phase 3: Tiefschlaf
In dieser Phase zeigen die Hirnströme eine ruhige und sehr langsame Wellenform – die Delta-Wellen. Unsere Körpertemperatur ist abgesunken und in den Muskeln ist nur wenig Spannung messbar. Werden wir jetzt geweckt, sind wir oft desorientiert und benötigen eine Weile, um uns zurechtzufinden. Obwohl wir tief schlafen und viele unsere Körperfunktionen auf Sparflamme laufen, treten bei einigen Menschen in diesem Stadium Phänomene wie Sprechen im Schlaf oder Schlafwandeln auf. Früher wurde der Tiefschlaf in zwei Phasen eingeteilt, da die Delta-Wellen anfangs etwas flacher verlaufen. Inzwischen wurden beide Stadien zusammengefasst. Während des Tiefschlafes schüttet der Körper Wachstumshormone aus, die wichtig für die Regeneration unserer Zellen sind. Etwa 15 bis 25 Prozent unseres Schlafes verbringen wir in diesem Stadium. Im Alter werden die Tiefschlafphasen kürzer.
REM-Schlaf
Phase R: REM-Schlaf
Nicht nur wegen der schnellen, zuckenden Augenbewegungen hinter den Lidern unterscheidet sich der REM-Schlaf erheblich von allen anderen Phasen. Das EEG ähnelt beinahe dem Wachzustand und die Gehirndurchblutung ist stark erhöht. Auch Herzfrequenz und Blutdruck steigen an und die Atmung wird schneller. Im Gegensatz dazu ist die Muskulatur maximal entspannt. Wir sind in diesem Stadium regelrecht gelähmt. Der REM-Schlaf ist die Phase in der wir häufig und lebhaft träumen. Wachen wir mittendrin auf, erinnern wir uns oft an das Träumen – jedoch nicht immer an den konkreten Inhalt. Außerhalb des REM-Schlafes kommen Träume wesentlich seltener vor. Bei Säuglingen besteht der größte Teil ihres Schlafes aus REM-Phasen; beim Erwachsen sind es noch durchschnittlich 20 Prozent.
Der Schlafzyklus
Ein achtstündiger Schlaf besteht aus ungefähr fünf bis sechs Schlafzyklen. Jeder dauert etwa 90 Minuten und wir durchleben in ihm alle Stadien des Schlafes. Der Ablauf ist nicht regelmäßig, sondern die Reihenfolge und Intensität der Phasen verändern sich. Während der ersten Zyklen ist die Tiefschlafphase besonders ausgeprägt. Im späteren Verlauf des Schlafes dominieren die REM-Phasen. Zwischendurch wachen wir häufig auf, meist nur wenige Sekunden – manchmal auch länger. Erinnern können wir uns daran nur, wenn wir mehr als drei Minuten wach waren.
Warum ist schlafen wichtig?
Nach einer durchwachten Nacht merken wir schnell, wie sehr uns der Schlaf fehlt: Unsere Konzentrationsfähigkeit lässt nach und der Kopf schmerzt; wir sind reizbar, wenig leistungsfähig und fühlen uns wie betrunken. Ein längerer Schlafmangel schwächt das Immunsystem und macht uns anfälliger für Infektionen. Er erhöht das Risiko für Diabetes, Herzkrankheiten und führt zu Wachstumsstörungen. Auch unser Gedächtnis funktioniert ohne Schlaf nicht richtig. Wir vergessen vieles und können uns neu Gelerntes nicht mehr einprägen. Es fällt uns schwer, Probleme zu lösen und Erfahrungen zu verarbeiten. Daher ist ein erholsamer Schlaf für unsere körperliche und seelische Gesundheit unverzichtbar.